Digitale Kreativ GmbH? – Künstlersozialabgabe auf das Geschäftsführergehalt nicht vergessen!
Viele Unternehmen in der Digitalbranche sind als GmbH oder UG organisiert und entwickeln innovative, oft KI-gestützte Produkte oder Dienstleistungen – nicht selten mit künstlerischem Charakter. Was jedoch kaum bekannt ist: Auch auf das Geschäftsführergehalt kann unter bestimmten Umständen die Künstlersozialabgabe fällig werden – selbst dann, wenn der Geschäftsführer selbst gar nicht künstlerisch tätig ist. In diesem Blogbeitrag zeige ich Ihnen, warum das so ist und worauf Sie achten sollten.
1.Webagentur, Gaming-Studio, KI-Agentur?
Betreiben Sie eine Webagentur, ein Gaming-Studio oder ein sonstiges Unternehmen, welches digital kreativ tätig ist und kreative Produkte oder Dienstleistungen auf dem Markt anbietet?
Dann haben Sie vielleicht schon von der Künstlersozialkasse gehört.
Unternehmen, die in irgendeiner Form künstlerisch tätig sind, beispielsweise indem sie Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte betreiben, gelten als sog. Verwerter i.S.d. § 24 Abs. 1 Künstlersozialversicherungsgesetz. Das hat zur Folge, dass solche Unternehmen die sog. Künstlersozialabgabe abführen müssen.
Beispiel: Sie beauftragen einen selbstständigen 3D Artist für die Animation eines virtuellen Spiels. Auf das an den 3D Artist gezahlte Honorar müssen Sie 5,0 % (2025) Künstlersozialabgabe berechnen und direkt an die Künstlersozialkasse zahlen. Der 3D Artist ist dafür nicht verantwortlich und hat auch nicht die Pflicht, Sie als Unternehmen darauf hinzuweisen.
Sie als Unternehmen sind verpflichtet sich als sog. Verwerter bei der Künstlersozialkasse zu melden und jährlich die Künstlersozialabgabe abzuführen. Die Höhe der zu zahlenden Künstlersozialabgabe ergibt sich aus den Honoraren (= das ist die Bemessungsgrundlage), die Sie an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlt haben.
Gerade Digitalunternehmen, die z.B. im Bereich Webentwicklung und Gaming tätig sind oder neuerdings auch mit KI-generierten künstlerischen Inhalten Werbung für sich oder andere betreiben, ist nicht unbedingt geläufig, dass sie sich als Verwerter bei der Künstlersozialkasse melden müssen.
2. Sie sind als Gesellschafter-Geschäftsführer künstlerisch tätig?
a. Sie sind sozialversicherungsrechtlich selbstständig
Was Gesellschafter-Geschäftsführer solcher Digitalunternehmen dabei durchaus übersehen ist, dass auf Ihr Geschäftsführergehalt, welches Ihre Gesellschaft an Sie zahlt, häufig auch die Künstlersozialabgabe abgeführt werden muss.
Voraussetzung ist, dass Sie sozialversicherungsrechtlich als Selbstständiger zu behandeln sind. Das ist der Fall, wenn:
- Sie Alleingesellschafter Ihrer Gesellschaft sind
- oder wenn Sie neben anderen Gesellschaftern entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der GmbH/UG haben. Das ergibt sich aus den Rechten, die im Gesellschaftsvertrag vereinbart sind.
Außerdem muss Ihre Gesellschaft (bzw. Sie) künstlerisch tätig sein. Und hier spielt die Musik…
b. „Geistige Oberleitung“- Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
Ich bin doch aber gar nicht künstlerisch tätig, sondern nur meine Mitarbeiter? … werden Sie jetzt vielleicht einwenden
Geschäftsführer, die selbst an dem kreativen Schaffensprozess innerhalb ihres Unternehmens gar nicht beteiligt sind, denken daher gar nicht daran, dass auf ihr Geschäftsführergehalt auch die Künstlersozialabgabe abgeführt werden müsste.
Grund dafür ist eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24. 7. 2003 – B 3 KR 37/02 R), besser bekannt unter „Oberaufsicht/geistige Oberleitung-Rechtsprechung“.
Sinngemäß besagt das Urteil, dass der Inhaber eines Einzelunternehmens (= nicht GmbH) deshalb künstlerisch tätig ist, weil dieser die „Gesamtverantwortung für das zu erstellende Werk innehat, also jedenfalls die Möglichkeit besitzt, jederzeit auf Konzepte, Entwürfe, Texte, Bebilderung und sonstige inhaltliche oder grafische Gestaltung steuernd oder korrigierend Einfluss zu nehmen.“
Dies wird auch auf GmbHs übertragen: Auch wenn in der Gesellschaft Angestellte oder freie Mitarbeiter tatsächlich die künstlerische Arbeit übernehmen, wird diese dem Geschäftsführer gewissermaßen „zugerechnet“, selbst wenn der Geschäftsführer die künstlerischen Tätigkeiten vollständig an Mitarbeiter delegiert.
Das führt zu dem in der Praxis absurden Ergebnis, dass Geschäftsführer, die als klassische Unternehmer ausschließlich mit der kaufmännischen und administrativen Führung ihres Unternehmens befasst sind, auf ihr Gehalt die Künstlersozialabgabe abführen müssen, wenn das Unternehmen selbst künstlerische Produkte oder Dienstleistungen anbietet (und damit sog. Verwerter ist).
c. Das Sozialgericht Stuttgart widerspricht dieser Rechtsprechung
Das Sozialgericht Stuttgart (Urteil vom 24.03.2021 – S 4 KR 2996/17) vertritt eine andere Auffassung: Nicht der Geschäftsführer selbst, sondern die GmbH ist Vertragspartner des Endkunden, für den die künstlerische Leistung erbracht wird. Der Geschäftsführer selbst hat vertraglich also gar nicht die Gesamtverantwortung, sondern nur die GmbH als eigene Rechtspersönlichkeit (gem. § 13 GmbHG). Ist der Geschäftsführer also nicht tatsächlich künstlerisch tätig, braucht auf sein Gehalt auch keine Künstlersozialabgabe abgeführt zu werden.
In diesem Fall hatte sich der Geschäftsführer einer GmbH-Werbeagentur ausschließlich auf den kaufmännischen Teil konzentriert und die schöpferischen, kreativen Tätigkeiten an die angestellten Artdirektoren delegiert.
Ein schönes Beispiel für: Vor Gericht und auf hoher See sind Sie in Gottes Hand!
Was heißt das nun für Sie?
3. Was passiert, wenn Sie die Künstlersozialabgabe nicht abgeführt haben?
Unternehmen, die in Deutschland Mitarbeiter beschäftigen, werden automatisch alle 4 Jahre durch die DRV geprüft § 28p Abs.1, 1a SGB IV. Im Rahmen dieser Betriebsprüfung können (und werden) auch Abgabepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz geprüft, das heißt: Ob Sie die Künstlersozialabgabe ordnungsgemäß abgeführt haben.
Hierdurch können schnell hohe Nachzahlungen entstehen, weil die allgemeine Verjährung im Sozialversicherungsrecht 4 Jahre gem. § 25 Abs. 1 SGB IV beträgt. Je höher das Geschäftsführergehalt, desto höher die nachzuzahlende Künstlersozialabgabe.
Auch ein Bußgeld von bis zu 50.000 EUR kann festgesetzt werden gem. § 36 Abs. 2 und 3 KSVG.
Wie solch eine Betriebsprüfung abläuft, habe ich bereits hier einmal beschrieben.
Bitte beachten Sie: Machen Sie falsche Angaben im Rahmen der Betriebsprüfung, kann eine bereits abgeschlossene Betriebsprüfung später erneut durchgeführt werden (siehe hier meinen ausführlichen Blogbeitrag hierzu).
4. Handlungsempfehlung
Kurzum: Lassen Sie deshalb frühzeitig von der KSK prüfen, ob Sie als Verwerter den Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz unterliegen und ob auf Ihr Geschäftsführergehalt die Künstlersozialabgabe abgeführt werden muss. Hier sollte zumindest versucht werden, die Abgabepflicht auf das Geschäftsführergehalt wegzuargumentieren, wenn Sie nachweislich tatsächlich nicht künstlerisch tätig sind mit Verweis auf das obige Urteil. Es dürfte aber sehr schwierig werden die KSK oder DRV hiervon zu überzeugen mit Verweis auf das höchstrichterliche Urteil des Bundessozialgerichts.
Je früher Sie Gewissheit über die Abgabepflicht auf Ihr Geschäftsführergehalt haben, desto früher können Sie außerdem andere Maßnahmen ergreifen, um die Abgabenhöhe möglicherweise anderweitig herabzusenken.
Achten Sie beispielsweise darauf, welchen Unternehmensgegenstand Sie im Handelsregister für Ihr Unternehmen eintragen lassen. Schreiben Sie nicht, dass das Unternehmen Werbung betreibt oder anderweitig künstlerisch tätig ist, wenn Sie das tatsächlich gar nicht anbieten. Das, was im Handelsregister steht, daran müssen Sie sich messen lassen (§§ 10, 15 HGB)!
5. Sie brauchen rechtliche Unterstützung oder Sie sind Steuerberater/in?
Das sagen Mandanten über meine Arbeit auf anwalt.de und Google.
Sie sind Steuerberater/in und benötigen fachliche Unterstützung zu Rechtsfragen des Künstlersozialversicherungsgesetzes? Kontaktieren Sie mich gerne! Ich freue mich immer über den fachlichen Austausch und bin auch immer an der Erweiterung meines Steuerberaternetzwerkes interessiert!
Um meine Mandanten optimal betreuen zu können, vernetze ich mich gerne mit Steuerberatern, die die steuerlichen Deklarationspflichten für meine Mandantschaft übernehmen können und Interesse an einem fachlichen Austausch haben.
Ihre Rechtsanwältin
Romy Graske