Künstlersozialabgabe – Erneute Betriebsprüfung durch die DRV und KSK?
Alle vier Jahre führt die DRV eine Betriebsprüfung bei Arbeitgebern durch. Dabei wird auch überprüft, ob die Unternehmen die Künstlersozialabgabe ordnungsgemäß melden und abführen. Doch selbst wenn diese Prüfung einmal abgeschlossen ist, haben die DRV und die KSK noch die Möglichkeit, die eigentlich schon abgeschlossene Betriebsprüfung erneut aufzurollen.
So geschehen in einem von mir betreutem Fall. Das kann doch nicht sein? fluchte meine Mandantschaft. Leider doch. Was Sie in einem solchen Fall tun sollten, davon berichte ich in diesem Blogbeitrag.
1. Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV
Die Rentenversicherungsträger (im Folgenden: die DRV) sind verpflichtet, mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern zu prüfen, ob diese ihre Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch erfüllen, (§ 28p Abs. 1 SGB IV). Im Rahmen dieser Betriebsprüfung können auch die Abgaben und Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz geprüft werden (§ 28p Abs. 1a SGB IV). Im Kern geht es dann um die Frage, hätte das Unternehmen Künstlersozialabgabe abführen müssen und wenn ja, in welcher Höhe?
a. Was genau prüft die DRV im Zusammenhang mit der Künstlersozialabgabe?
Die Unternehmen müssen zunächst einen Fragebogen der DRV ausfüllen, damit die DRV überprüfen kann, ob eine Pflicht zur Abgabe der Künstlersozialabgabe (im Folgenden „KSA“) bestand und wenn ja, in welcher Höhe. Dabei werden die folgenden Betätigungsfelder des Unternehmens abgefragt:
- Unternehmenszweck und Branchenzugehörigkeit
Hierdurch möchte die DRV feststellen, ob Sie zu den typischen Verwertern künstlerischer Leistungen zählen oder ein eher branchenfremdes Unternehmen sind.
- Werbung und Öffentlichkeitsarbeit
Gerade branchenfremden Unternehmen, die nicht klassisch in der Medien- und Künstlerbranche tätig sind, ist oft nicht bewusst, dass wenn sie auch nur Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für sich selbst betreiben und sich hierfür selbstständiger Künstler und Publizisten bedienen, zur Abgabe der KSA verpflichtet sind. Beispielsweise in dem sich ein Unternehmen eine eigene Website, Pressemitteilungen, Werbe- oder Imagefilme erstellen oder Werbeveranstaltungen organisieren lässt.
Faktisch sind damit alle verkaufsorientierten Unternehmen verpflichtet, die Künstlersozialabgabe nach dem KSVG abzuführen (gem. § 24 Abs. 2 KSVG). Das ist vielen Unternehmen, die an sich nichts mit der Kunst- und Medienbranche zu tun haben, nicht bewusst!
Unternehmen, die Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten vergeben, um sich beispielsweise Geschäftsberichte, Kataloge, Prospekte, Zeitschriften, Broschüren, Zeitungsartikel erstellen zu lassen oder Produkte gestalten und Konzerte, Theateraufführungen und Vorträge veranstalten zu lassen, gehören deshalb zum abgabepflichtigen Personenkreis i.S.d. § 24 KSVG.
- Einkauf sonstiger Leistungen von selbstständigen Künstlern oder Publizisten
Die Pflicht zur Abgabe der Künstlersozialabgabe kann auch bestehen, wenn Sie Werke oder Leistungen von selbstständigen Künstlern oder Publizisten für andere Zwecke Ihres Unternehmens genutzt haben, beispielsweise für das Produktdesign oder im Rahmen von Veranstaltungen (Vorträge, Feste, Feiern).
- Welche Unterlagen prüft die DRV?
Wenn Sie Honorare an selbstständige Künstler oder Publizisten für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen gezahlt haben, sind diese Honorare die Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe.
Das können beispielsweise Zahlungen an Werbeagenturen, PR-Agenturen, Fotografen, Grafikdesigner, Layouter, Autoren, Redakteure, Werbeberater, Musiker oder Kameraleute sein. Die DRV wird dann ggf. auch Einsicht in die Rechnungen nehmen, um zu überprüfen, ob Sie hierfür zutreffend die Künstlersozialabgabe abgeführt haben.
b. Worauf müssen Sie bei dieser Betriebsprüfung achten?
Auch wenn es sich eigentlich von selbst versteht: Sie sollten bei diesem Fragebogen und während der gesamten Prüfung keine falschen Angaben machen. Denn Verstöße gegen die Vorlage-, Aufzeichnungs- und Meldepflicht können als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 50.000,00 EUR geahndet werden (§ 36 Abs. 2 und 3 KSVG).
Vor allem: Wer hier relevante Informationen unterschlägt dem droht, dass die Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt von der DRV und KSK wiederholt wird, sollten diese zu einem späteren Zeitpunkt hiervon Kenntnis erlangen.
2. Trotz bereits abgeschlossener Betriebsprüfung soll die Prüfung wiederholt werden?
Auch wenn die Betriebsprüfung bereits abgeschlossen und Ihnen durch die DRV oder KSK per Bescheid bestätigt worden ist, dass Ihr Unternehmen nicht zur Abgabe der Künstlersozialabgabe verpflichtet ist, kann solch ein Bescheid auch rückwirkend wieder aufgehoben werden.
Rechtsgrundlage hierfür ist die sog. Rücknahmevorschrift des § 45 Abs. 1, 2 SGB X.
Haben Sie im Rahmen einer Betriebsprüfung vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, darf die DRV den Bescheid zurücknehmen und die Betriebsprüfung erneut durchführen.
3. Was können Sie in einem solchen Fall tun?
Wenn Sie von der DRV oder der KSK ein sog. Anhörungsschreiben erhalten haben, in dem die Wiederholung einer Betriebsprüfung angekündigt wird, sollten Sie so früh wie möglich auf das Anhörungsschreiben der DRV reagieren und dieses keinesfalls ignorieren!
Die DRV muss Sie zunächst anhören, bevor sie den vormaligen Befreiungsbescheid zurücknehmen darf gem. § 24 SGB X.
Doch keinesfalls sollten Sie zu diesem Zeitpunkt schon inhaltlich auf die Argumente der DRV eingehen. Was ist damit gemeint? Die DRV kann einen Befreiungsbescheid nur zurücknehmen, wenn sie nun nachträglich zu der Auffassung gelangt, dass Sie doch abgabepflichtige künstlerische Leistungen eingekauft und damit verwertet haben. Ob es sich bei den von Ihnen eingekauften Leistungen aber tatsächlich um eine künstlerische Leistung von einem selbstständigen Künstler oder Publizisten handelt, wird in solchen Fällen durchaus streitig sein. Sonst wäre die DRV ursprünglich nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass Sie keine Künstlersozialabgabe abführen müssen.
Die DRV kann auch deshalb ein Interesse daran haben, die Betriebsprüfung zu wiederholen, weil sie Ihre Abgabepflicht zuvor nur stichprobenartig geprüft hat und ihr nun Tatsachen bekannt geworden sind, die doch für eine Abgabepflicht sprechen.
Doch um diese Detailfragen geht es in dem Verfahrensstadium der sog. Anhörung noch gar nicht!
Droht die KSK oder DRV damit, einen ursprünglichen Befreiungsbescheid nun nachträglich – rückwirkend – aufzuheben, sollte zunächst ausschließlich auf die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Rücknahme nach § 45 Abs. 1, 2 SGB X abgestellt werden. Denn diese Voraussetzungen für die Rücknahme eines Befreiungsbescheids und die Wiederaufnahme der Betriebsprüfung sind sehr hoch und im Detail auch sehr komplex.
Wer hier nicht juristisch penibel am Gesetzestext arbeitet, in Panik gerät und sich bereits zur inhaltlichen Tätigkeit des Unternehmens äußert, riskiert die Wiederaufnahme der Betriebsprüfung, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen dafür womöglich gar nicht vorliegen.
In dem von mir betreuten Fall hatte die DRV pauschal auf § 45 Abs. 1, 2 SGB X abgestellt, ohne auf die einzelnen Rücknahmevoraussetzungen im Detail einzugehen. Noch im Rahmen des Anhörungsverfahrens konnte durch eine rechtliche Stellungnahme detailliert aufgezeigt werden, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Wiederaufnahme der Betriebsprüfung aus mehreren Gründen schlichtweg nicht vorliegen. Der DRV blieb somit nichts anderes übrig, als das Verfahren einzustellen und die Betriebsprüfung meiner Mandantschaft für die bisher geprüften 4 Jahre (!) wurde nicht erneut durchgeführt.
Wenn Sie in einer solchen Situation sind, sollten Sie in jedem Fall frühzeitig einen Rechtsanwalt konsultieren und sich keinesfalls ungeprüft und vorschnell gegenüber der DRV oder KSK äußern!
4. Sie suchen rechtliche Unterstützung?
Ich habe mich als Rechtsanwältin auf das Künstlersozialversicherungsgesetz spezialisiert.
Daher unterstütze ich versicherte KSK-Mitglieder (selbstständige Künstler und Publizisten) als auch abgabepflichtige Unternehmen bei allen Fragen rund um das Künstlersozialversicherungsgesetz.
Sie benötigen diesbezüglich Unterstützung? Schreiben Sie mir gerne eine detaillierte Email und fügen Sie den relevanten Schriftverkehr mit der DRV und KSK bei.
5. Sie sind Steuerberater?
Sie sind Steuerberater/in und benötigen Unterstützung bei Fragen zur Künstlersozialkasse? Kontaktieren Sie mich gerne!
Um meine Mandanten optimal betreuen zu können, vernetze ich mich gerne mit Steuerberatern, die ich an meine Mandantschaft bei Bedarf weiterempfehlen kann und die darüber hinaus Interesse an einem fachlichen Austausch haben.
Ihre Rechtsanwältin
Romy Graske