Künstlersozialkasse und steuerfreie Einnahmen
Steuerfreie Einnahmen werden von der KSK nicht als „Arbeitseinkommen“ anerkannt. In diesem Blogbeitrag beschreibe ich, warum das so ist und wie Sie aus dieser Not eine Tugend machen können.
I. Problemaufriss: Die KSK lässt steuerfreie Einnahmen unberücksichtigt. Das mindert den Rentenanspruch im Alter!
Die Künstlersozialkasse überprüft in regelmäßigen Abständen stichprobenartig, ob die Versicherten bei der KSK ihr voraussichtliches Jahresarbeitseinkommen ordnungsgemäß gemeldet haben. Der Versicherte hat auf eine solche Anfrage in einem Formular der KSK das tatsächliche Jahresarbeitseinkommen aus selbstständiger künstlerischer/publizistischer Tätigkeit anzugeben. Als Nachweis ist hierfür der Einkommensteuerbescheid beizufügen.
Hierbei kam in einem an mich herangetragenen Fall die Frage auf, ob steuerfreie Einnahmen als Arbeitseinkommen von der KSK berücksichtigt werden dürfen oder nicht.
Die KSK verneinte diese Frage: „Steuerfreie Einnahmen“ stellen kein „Arbeitseinkommen“ im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes dar (KSVG). Das bedeutete, die KSK ließ die steuerfreien Einnahmen unberücksichtigt. Hierdurch muss der betroffene Versicherte für die Zukunft (nicht rückwirkend!) zwar erheblich weniger Arbeitseinkommen bei der KSK verbeitragen, das heißt er zahlt also wesentlich weniger Beiträge an die KSK. Allerdings erwirbt der Versicherte dadurch natürlich auch erheblich geringere Rentenansprüche.
Geringe Versichertenbeiträge an die KSK bedeuten auch einen geringeren Rentenanspruch im Alter!
Für den Versicherten stellten sich deshalb nun die folgenden Fragen:
II. Darf die KSK „steuerfreie Einnahmen“ tatsächlich nicht beim zu verbeitragenden „Arbeitseinkommen“ berücksichtigen?
Die Versicherungsbeiträge, die die Versicherten an die KSK abführen müssen, errechnen sich aus dem Arbeitseinkommen. Die hier entscheidende Frage war also: Was genau fällt unter den Begriff „Arbeitseinkommen“ oder anders ausgedrückt, wie wird das Arbeitseinkommen definiert.
Die Antwort findet sich in den § 36a KSVG, § 15 SGB IV i.V.m. §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG.
Vereinfacht ausgedrückt steht in dieser Paragrafenkette, dass ein Einkommen dann als Arbeitseinkommen zu berücksichtigen ist, wenn es als solches nach dem Einkommensteuergesetz zu bewerten ist. Und nach dem Einkommensteuergesetz sind „steuerfreie Einnahmen“ nun einmal kein Einkommen. Warum?
Im Einkommensteuergesetz steht geschrieben, „Einkünfte sind bei selbstständiger Arbeit der Gewinn“ (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG). Der Gewinn wiederum ist die Differenz aus Betriebseinnahmen und – ausgaben (§ 4 Abs. 1 S. 1 EStG).
Die „steuerfreien Einnahmen“ fallen gewissermaßen schon auf einer Stufe zuvor heraus, sie werden nämlich schon nicht als Betriebseinnahme „gezählt“ (vgl. Einkommensteuer-Richtlinien 2012 /R.2.). Juristisch ausgedrückt bedeutet das, dass „steuerfreie Einnahmen“ zwar zu der Einkunftsart „Einkünfte aus selbstständiger Arbeit“ i.S.d. § 18 EStG gehören, aber sie gelten nicht als Einkünfte, sondern nur der Gewinn. Und im Rahmen der „Gewinnermittlung“ bleiben die steuerfreien Einnahmen natürlich unberücksichtigt.
Arbeitseinkommen i.S.d. KSVG ist der nach dem Einkommensteuerrecht ermittelte Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit.
Klingt das für Sie verwirrend und nach Haarspalterei? Verständlich. Einnahmen sind doch schließlich Einkommen, oder nicht? Im allgemeinen Sprachgebrauch mag das richtig sein, nach dem Wortlaut und der Systematik des Einkommensteuergesetzes ist hier aber wie beschrieben zu differenzieren.
Diese Auslegung, die die KSK hier vertritt ist meines Erachtens auch folgerichtig, denn: Lesen Sie sich bei Interesse einmal den Katalog der steuerfreien Einnahmen in § 3 EStG durch. Sie werden feststellen, dass eine Vielzahl der dort aufgezählten Einnahmen im Ergebnis aus der Staatskasse geleistet werden. Der Staat zahlt an den Bürger also eine Geldleistung für einen bestimmten Zweck und diese Gelder stammen von uns allen, den Steuerzahlern. Folglich wäre es widersinnig, diese Gelder wieder zu versteuern, deshalb sind sie auch steuerfrei. Deshalb ist es auch in sich schlüssig, diese Gelder dann auch als beitragsfrei von der KSK zu behandeln. Die Gelder würden ansonsten ja nur von „einem staatlichen Geldtopf“ in einen anderen transferiert werden. Hinzukommt, dass die KSK auf Ihre gezahlten Beiträge ja nochmals in gleicher Höhe einen Zuschuss zahlt – finanziert auch aus Steuergeldern.
Sie sehen also, es ist folgerichtig, wenn die KSK steuerfreie Einnahmen nicht als Arbeitseinkommen i.S.d. KSVG betrachtet.
III. Was folgt für mich als Versicherten daraus – was kann ich tun?
Die Krux besteht – gerade für Künstler – nun darin, dass wenn sie beispielsweise überwiegend nur steuerfreie Einnahmen erzielen durch die staatliche Kunstförderung (§ 3 Nr. 11 EStG), generieren die Künstler dadurch kein hohes Arbeitseinkommen im Sinne des KSVG. Das kann dazu führen, dass die Künstler hierdurch nur sehr geringe Einzahlungen in ihre Rentenversicherung (also die KSK) vornehmen müssen. Was erst einmal „schön klingt“, rächt sich dann natürlich im Alter.
Deshalb empfehle ich Künstlern in solch einem Fall unbedingt privat für das Alter vorzusorgen. Während andere Unternehmer davon nur „träumen“ können, steuer- und beitragsfreie Einnahmen zu erzielen, sind Sie hierdurch sogar in einer vorteilhaften Situation. Denn Sie haben dadurch die Möglichkeit privat in Ihre Altersvorsorge zu investieren aus unversteuertem und unverbeitragtem Geld!
Nutzen Sie diesen finanziellen Vorteil unbedingt sinnvoll indem Sie das „gesparte Geld“ in sinnvolle Vorsorgemodelle investieren – wie eine Eigentumswohnung zur Fremdvermietung oder andere Sachwerte, von denen Sie im Alter leben können.
IV. Sie brauchen einen Rechtsrat? Manchmal ist weniger mehr.
Dieser Fall ist ein gutes Beispiel dafür, wie ich als Anwältin aus der Not eine Tugend mache. Nicht immer können wir Juristen mit der „juristischen Keule“ weiterhelfen. Im hiesigen Fall hätte ein Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid der KSK (über die Herabsetzung des voraussichtlichen Arbeitseinkommens) wohl kaum Aussicht auf Erfolg gehabt. Der betroffene Versicherte hätte Anwaltsgebühren zahlen müssen, die ihm im Ergebnis keinen Mehrwert eingebracht hätten.
Stattdessen habe ich eine pragmatische Herangehensweise empfohlen, nämlich die in der Zukunft gesparten Beiträge in eine sinnvolle private Altersvorsorge zu investieren. Hierdurch verliere ich als Anwältin vielleicht kurzfristig ein Mandat, aber langfristig gesehen schaffe ich für meine Mandanten einen nachhaltigen Mehrwert, denn sie wissen, dass sie auf meine Beratungsleistung vertrauen können.
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