Remote Work für ausländischen Auftraggeber I Auftragnehmer in Deutschland
Sie sind Softwareentwickler, Programmierer, UX/UI Designer, Webdesigner, Product Designer oder Typograf? Sie haben ein Arbeitsangebot von einem ausländischen Unternehmen, beispielweise aus den USA, der Schweiz oder einem EU-Land? Sie werden im Wesentlichen remote von Deutschland aus für den ausländischen Auftraggeber arbeiten?
In diesem Beitrag möchte ich Ihnen einen Überblick über die aufkommenden Rechtsfragen in dieser Fallkonstellation geben.
1. Auftraggeber mit Geschäftssitz in einem EU-Land oder Drittstaat
In meiner Beratungspraxis begegnen mir immer mehr Selbstständige bzw. Freelancer, die für einen ausländischen Auftraggeber arbeiten. Typischerweise handelt es sich hierbei um Berufe rund um die Digitalwirtschaft, denn diese lassen sich ohne Weiteres von jedem Ort der Welt aus erbringen (sog. remote work).
Erfahrungsgemäß kommen in solchen Fällen eine Vielzahl von Fragen aus ganz unterschiedlichen Rechtsgebieten zusammen. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen daher einen groben Überblick geben, welche Rechtsthemen Sie als Auftragnehmer mit Wohn- und Arbeitsort in Deutschland im Blick behalten sollten.
2. Solo-Selbstständigkeit oder Arbeitnehmertätigkeit? – Arbeitsrecht
Die erste Frage, die in solchen Konstellationen oft gestellt wird und auch zuerst zu klären ist, lautet: Bin ich als Arbeitnehmer oder als Solo-Selbstständiger (d.h. Auftragnehmer) für das ausländische Unternehmen tätig?
Das hängt zum einen davon ab, was in dem Vertrag geregelt ist und zum anderen, wie das Vertragsverhältnis tatsächlich gelebt wird. Nicht selten unterliegen die Auftragnehmer dem Irrtum, sie seien als Arbeitnehmer („employee“) angestellt worden, obwohl der ausländische Auftraggeber, das vertraglich gerade zu verhindern versucht. So findet sich in internationalen Verträgen, die als Dienstleistungs- oder Werkvertrag ausgestaltet sind, oft eine Klausel, dass eine Arbeitnehmerstellung gerade ausdrücklich ausgeschlossen werden soll. Der Auftraggeber behandelt den vermeintlichen „Arbeitnehmer“ dann auch steuer- und sozialversicherungsrechtlich als Auftragnehmer (d.h. Selbstständigen).
Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass wenn Sie im Vertrag als „Contractor“ bezeichnet werden und das ausländische Unternehmen für Sie Rechnungen und keine Lohnabrechnungen erstellt, der ausländische Auftraggeber Sie als Selbstständigen betrachtet. Das ist für die Auftragnehmer nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, auch deshalb, weil sie fälschlicherweise als „employees“ bezeichnet und faktisch auch so behandelt werden.
Ob selbstständiger Auftragnehmer oder Arbeitnehmer, hat aber zivil-, steuer- und sozialversicherungsrechtlich ganz unterschiedliche Rechtsfolgen.
Als Arbeitnehmer genießen Sie natürlich die in Deutschland geltenden Arbeitnehmerschutzrechte. Als selbstständiger Auftragnehmer sind Sie hingegen Unternehmer! Hier gilt Wirtschaftsrecht und Sie müssen Ihre unternehmerischen Interessen aktiv verhandeln (allein schon wegen dem anwendbaren Recht und dem Gerichtsstand) und im Vertrag festschreiben.
Hinzukommt, dass viele als sog. Solo-Selbstständige tätig sein werden, weil sie nur einen oder wenige Auftraggeber haben. Die Abgrenzung zwischen Solo-Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit ist hier schwierig und zumeist nur durch eine individuelle Einzelfallbetrachtung möglich.
Als Rechtsanwältin kann ich Sie hierbei wie folgt unterstützen:
- Rechtliche Prüfung der Vertragsgrundlage, ob es sich um einen Arbeitsvertrag oder einen Dienstleistungs-/Werkvertrag handelt.
- Unterstützung in der Vertragsverhandlung in Ihrer Position als Arbeitnehmer oder als Auftragnehmer. Beispielsweise: Welche Vertragsklauseln sind für Sie negativ? Wo bestehen für Sie rechtliche und wirtschaftliche Risiken? Vor allem: Wie können Sie Ihr Recht im Zweifel durchsetzen oder gibt es alternative pragmatische Lösungen?
3. Steuerrechtliche Folgen – Steuerrecht
Auch die steuerrechtlichen Folgen hängen maßgeblich von der Frage ob, ob Sie als Selbstständiger oder als Arbeitnehmer tätig sind.
a. Steuerliche Erklärungspflichten als Selbstständiger
Als Selbstständiger sind Sie allein dafür verantwortlich, dass Sie die entsprechenden Steuererklärungen fristgemäß und korrekt abgeben. In solchen Fällen kommen in Frage:
- Einkommensteuererklärung (verbunden mit dem steuerlichen Erfassungsbogen vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit)
- Gewerbesteuererklärung (verbunden mit einer Gewerbeanmeldung)
- Umsatzsteuererklärung (in Abhängigkeit davon, ob Sie als Kleinunternehmer agieren oder zur Regelbesteuerung optieren).
Dieses Themenfeld ist deshalb komplex, weil bei Rechnungstellung ins Ausland (d.h. an Ihren ausländischen Auftraggeber) oftmals umsatzsteuerliche Besonderheiten bei der Rechnungsstellung gelten, die Sie beachten müssen.
Sind Sie darüber hinaus in mehreren Ländern vor Ort aktiv, also nicht nur ausschließlich im Home-Office von Deutschland aus, steht immer auch eine Steuerpflicht in mehreren Ländern im Raum. In solchen Fällen muss dann auch das jeweilige anwendbare Doppelbesteuerungsabkommen geprüft werden, um zu klären, ob ggf. in mehreren Ländern Steuererklärungspflichten bestehen.
Gerade wenn meine Mandanten das erste Mal grenzüberschreitend tätig sind, empfehle ich immer auch einen Steuerberater mit der Abgabe der relevanten Steuererklärungen zu beauftragen, um in den ersten Jahren keine gravierenden Fehler zu begehen und sich so mit den Besonderheiten des internationalen Steuerrechts vertraut zu machen.
Werden über Jahre hinweg nämlich fehlerhafte Erklärungen abgegeben oder aus Unwissenheit gänzlich unterlassen, steht immer auch eine Steuerordnungswidrigkeit oder sogar Steuerhinterziehung im Raum. Daher ist dies gerade zu Beginn der Tätigkeit eine sehr sinnvolle Investition für Selbstständige!
b. Steuerliche Erklärungspflichten als Arbeitnehmer
Während Arbeitnehmer, die für einen inländischen (d.h. in Deutschland sitzenden) Arbeitgeber tätig sind, weitestgehend befreit sind von Steuererklärungspflichten, müssen Arbeitnehmer, die für einen ausländischen Arbeitgeber tätig sind, oftmals doch selbst eine Einkommensteuererklärung abgeben, was viele nicht wissen.
Ein Arbeitnehmer in Deutschland, der für einen ausländischen Arbeitgeber von Deutschland aus tätig ist, muss ggf. in Deutschland eine Einkommensteuererklärung abgeben. Unterlässt der Arbeitnehmer dies, kann dies zu einer Steuerordnungswidrigkeit oder sogar Steuerhinterziehung führen!
Warum ist das so? Grundsätzlich sind in Deutschland Arbeitgeber dazu verpflichtet den sog. Lohnsteuerabzug durchzuführen. Durch diese besondere Form der Steuererhebung, werden Arbeitgeber verpflichtet die Lohnsteuer im Namen des Arbeitnehmers direkt an das Finanzamt abführen. Deshalb haben Arbeitnehmer mit Steuerthemen oftmals gar keine Berührungspunkte.
Doch ein ausländischer Arbeitgeber ist regelmäßig nicht zum Lohnsteuerabzug in Deutschland verpflichtet. In meiner Beratungspraxis sind mir schon Fälle begegnet, in denen das sowohl vom ausländischen Arbeitgeber als auch vom inländischen Arbeitnehmer übersehen worden ist, wodurch (versehentlich) für mehrere Jahre keine Lohnsteuer in Deutschland abgeführt worden ist.
Deshalb kann ich gar nicht oft genug betonen, dass sich in Fällen des grenzüberschreitenden mobilen Arbeitens Arbeitnehmer nicht blind auf die Aussagen ihres Arbeitgebers verlassen dürfen! Als Arbeitnehmer sind Sie primär für die ordnungsgemäße Abgabe Ihrer Einkommensteuererklärung verantwortlich!
Weitere Informationen zu dieser Fallkonstellation habe ich bereits hier und hier beschrieben.
c. Wie kann ich Sie als Rechtsanwältin unterstützen?
Da ich mich als Rechtsanwältin auf diese Fälle spezialisiert habe, kann ich Sie erfahrungsgemäß in diesen Bereichen unterstützen:
- Umfassende Beratung zu den steuerlichen Erklärungspflichten als Selbstständiger oder Arbeitnehmer für einen ausländischen Auftraggeber oder Arbeitgeber
- Entwurf eines Arbeitsvertrages, der die steuerlichen Besonderheiten berücksichtigt und die Rechte und Pflichten beider Parteien klar und unmissverständlich definiert
- Abstimmung mit dem Finanzamt, ob eine Pflicht zur Durchführung des Lohnsteuerabzugsverfahrens besteht und Unterstützung bei der steuerlichen Registrierung
4. Sozialversicherungsrechtliche Folgen – Sozialversicherungsrecht
Auch die sozialversicherungsrechtlichen Folgen hängen maßgeblich davon ab, ob Sie tatsächlich als Arbeitnehmer oder Solo-Selbstständiger agieren.
a. Sozialversicherungsrechtliche Folgen bei Solo-Selbstständigen
Selbstständige sind grundsätzlich erst einmal nicht von der Sozialversicherung umfasst, wie es Arbeitnehmer gewöhnt sind. Das heißt, es besteht keine Pflicht zur Zahlung von Beiträgen in die Arbeitslosen-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Sie müssen sich als Selbstständiger also eigenständig um Ihre soziale Absicherung kümmern!
Bei Solo-Selbstständigen gibt es Besonderheiten, denn sie sind zumindest teilweise (hinsichtlich der Rentenversicherung) verpflichtet, in das Sozialversicherungssystem einzuzahlen, wenn sie im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind. (gemäß § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI).
Hier ist auch immer zu prüfen, ob ein Fall der Scheinselbstständigkeit vorliegt und welche Gefahren und Handlungspflichten sich darauf ergeben.
b. Sozialversicherungsrechtliche Folgen bei Arbeitnehmern
Sind Sie hingegen als Arbeitnehmer für einen ausländischen Arbeitgeber tätig und befindet sich Ihr Arbeitsort im Wesentlichen in Deutschland, findet das deutsche Sozialversicherungsrecht Anwendung. Der ausländische Arbeitgeber ist dann verpflichtet Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland (!) (wie jeder inländische/deutsche Arbeitgeber auch) abzuführen.
Gerade das ist ein Grund, warum ausländische Arbeitgeber sich zunehmend sog. Employer-of-Record-Lösungen bedienen. Dabei wird der Arbeitnehmer nicht direkt beim Arbeitgeber angestellt, sondern über einen sog. EOR-Anbieter, der die gesamte steuer- und sozialversicherungsrechtliche Abwicklung übernehmen soll.
c. Wie kann ich Sie als Rechtsanwältin unterstützen?
Als Rechtsanwältin kann ich Sie dabei wie folgt unterstützen:
- Prüfung, ob es sich um eine Scheinselbstständigkeit, zulässige Solo-Selbstständigkeit oder „normale“ Selbstständigkeit handelt und Aufklärung darüber, welche Handlungspflichten sich daraus ergeben.
- Klärung, welches Sozialversicherungsrecht zur Anwendung kommt (nach EU-Recht) oder im Fall von Drittstaaten (nach dem jeweiligen Sozialversicherungsabkommen)
- Entwurf eines Arbeitsvertrages, der die sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten berücksichtigt
- Abstimmung/Anträge gegenüber der DVKA
5. Aufnahme in die Künstlersozialkasse – Die Künstlersozialversicherung
Was vielen Selbstständigen in der Digitalbranche nicht bekannt ist: Es besteht sogar die Möglichkeit, in die Künstlersozialkasse aufgenommen zu werden.
Hierbei handelt es sich um einen besonderen Zweig in der deutschen Sozialversicherung, der ausschließlich für selbstständige Künstler und Publizisten eingerichtet worden ist, weil Künstler oftmals einer besonderen sozialen Absicherung bedürfen.
Im Ergebnis werden selbstständige Künstler durch die Künstlersozialkasse finanziell Arbeitnehmern gleichgestellt. Künstler und Publizisten zahlen als Selbstständige somit nur die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge, die ein „normaler“ Selbstständiger ansonsten allein zu tragen hat.
Die Künstlersozialkasse ist also für diejenigen aus der Digitalwirtschaft relevant, die primär künstlerisch tätig sind, beispielsweise Grafik-/Webdesigner, Interfacedesigner, Game-Designer.
Die Künstlersozialversicherung folgt wiederum eigenen Regeln, die oftmals einer besonderen Betrachtung bedürfen. Diesbezüglich kann ich Sie wie folgt unterstützen:
- Beim Mitgliedsantrag zur Aufnahme in der KSK (sog. Fragebogen zur Prüfung der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz)
- Beratung rund um das Thema Künstlersozialversicherung
6. Das grenzüberschreitende mobile Arbeiten erfordert eine rechtliche Gesamtbetrachtung
Beim grenzüberschreitenden mobilen Arbeiten als Arbeitnehmer für einen ausländischen Arbeitgeber oder als Auftragnehmer für einen ausländischen Auftraggeber, stellen sich eine Vielzahl an Rechtsfragen.
Das ist für den Einzelnen nicht immer leicht zu überblicken. Nicht selten haben Arbeitnehmer oder Auftragnehmer zunächst Zweifel, ob sie solche (eigentlich sehr attraktiven) Angebote überhaupt annehmen sollen, aus Sorge dies sei rechtlich nicht umsetzbar oder sogar unzulässig.
Ich habe es mir als Rechtsanwältin zur Aufgabe gemacht, hier individuelle Lösungen zu erarbeiten und die individuellen Vor- und Nachteile herauszuarbeiten.
Das Internet und die Digitalwirtschaft verschaffen Menschen mittlerweile außerordentlich attraktive Berufsmöglichkeiten und zwar weltweit!
Die damit verbundenen (internationalen) Rechtsfragen sind zwar komplex und erscheinen erst einmal überwältigend. Deshalb erarbeite ich in ausführlichen Beratungsgesprächen für meine Mandanten regelmäßig individuelle Lösungskonzepte, damit Sie Ihre beruflichen Möglichkeiten voll ausschöpfen können.
Sie arbeiten grenzüberschreitend und benötigen zu den hier aufgeworfenen Themen Unterstützung?
Schreiben Sie mir gerne eine Email!
Um schnellstmöglich ermitteln zu können, ob und wie ich Sie unterstützen kann, benötige ich folgende Informationen:
- Schildern Sie mir bitte detailliert Ihre derzeitige Situation.
- Schreiben Sie mir alle Fragen, die sich Ihnen stellen und die Sie im Rahmen einer Beratung gerne geklärt haben möchten.
- Sofern vorhanden, schicken Sie mir bitte Ihren Arbeitsvertrag oder die Vereinbarung mit Ihrem ausländischen Auftraggeber zu (oftmals „Consultant Agreement“).