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Der Wegzug einer Limited aus England triggert Exit-Charge I Ärger mit dem HMRC und Pflichtverletzungen durch Certified Accountants in England | 

25.07.2019 | Rechtsblog

Vielen jungen Internetunternehmern (sog. digital natives oder digital nomads) ist nicht bewusst, dass sich ihr steuerlicher Unternehmenssitz nicht ausschließlich danach richtet, wo sie ihr Unternehmen gegründet haben (z.B. eine Limited in England), sondern von welchem Ort sie tatsächlich ihr Unternehmen leiten.

Wer jedoch von einem Land ins Andere umzieht, z.B. von England nach Deutschland wegen des drohenden BREXITS und damit gleichzeitig auch das eigene Unternehmen (z.B die Limited) umzieht, ruft massive steuerliche Konsequenzen hervor, die teilweise von Beratern (wie Certified Accountants, Buchhaltern) nicht erkannt werden und massiv langfristige negative Folgen haben können.

 

1. Problemaufriss 

Der Umzug eines Internetunternehmers über Ländergrenzen hinweg, hat massive steuerliche Konsequenzen! 

Beispiel:

Ein deutscher Staatsangehöriger hat eine Limited in UK gegründet, wie es vor einigen Jahren Gang und Gebe war (bevor es die deutsche Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt gab). Er führt das Unternehmen alleine, ist alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer. Eines Tages zieht der Unternehmer in ein anderes Land, zum Beispiel nach Deutschland oder in ein anderes Land der Europäischen Union. Er ist Internetunternehmer und für ihn spielt es keine Rolle von wo aus er arbeitet. Das einzige worauf er angewiesen ist, ist eine gute Internetverbindung und seinen Laptop. Der Unternehmensumzug ist also faktisch einfach ein Wegzug der natürlichen Person in ein anderes Land, die ihr Unternehmen nun von dem anderen Land aus führt, weil sie dort nun neuerdings wohnt.

Damit der Internetunternehmer seinen steuerlichen Pflichten ausreichend nachkommt, nimmt sich der Unternehmer in den verschiedenen Ländern steuerliche Berater. In Deutschland wäre das ein Steuerberater. In England ein Certified Accountant oder Tax Adviser.

Was aber, wenn seine Berater in dem jeweiligen Land den Unternehmer nicht darüber aufklären, dass zu bestimmten Fristen Steuererklärungen abgegeben werden müssen? Oder dass der Umzug von einem Land in ein anderes Land dazu führt, dass die Unternehmenssteuern nun in einem anderen Land gezahlt werden müssen? Was passiert, wenn der Unternehmer seinen faktischen Wegzug des Unternehmens dem englischen Finanzamt (sog. HMRC) nicht anzeigt, einfach weil er es nicht weiß?

Wir haben diese Erfahrungen in unserer Praxis gemacht und möchten durch diesen Blogbeitrag daher auf die steuerlichen Folgen eines solchen Umzugs hinweisen, die im Wesentlichen (aber nicht abschließend) die Folgenden sind:

 

a. Die Steuerpflicht in den jeweiligen Ländern kann sich durch den Umzug ändern 

Das Unternehmen ist (unter Umständen) nicht mehr steuerpflichtig in England, sondern nach dem Umzug in Deutschland steuerpflichtig. Der Grund dafür ist Art. 4 Absatz 3 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen England und Deutschland. Hiernach ist das Unternehmen dort steuerpflichtig wo sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung befindet. Wenn der Internetunternehmer, dessen Unternehmen eben nur aus seinem Laptop besteht, also privat umzieht in ein anderes Land, führt das konsequenterweise dazu, dass sich auch der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung ändert. Denn zukünftig trifft der Unternehmer alle wichtigen Managemententscheidungen von seinem neuen Wohnort aus, nämlich Deutschland und nicht mehr von England aus. Das ist vielen Unternehmern und sogar Accountants und Buchhaltern nicht bewusst!

 

b. Wegzugsbesteuerung droht – Realisierung stiller Reserven 

Der Umzug eines Unternehmens von einem Land ins Andere kann auch die sog. Wegzugsbesteuerung auslösen.

Das bedeutet: Das Land, welches man verlässt, möchte Steuern auf den bisherigen erwirtschafteten Unternehmenswert erheben, den das Unternehmen in diesem Land erwirtschaft hat. Das kann bei aufstrebenden Start-Ups und rasant wachsenden Unternehmen schnell eine ernsthafte finanzielle Gefahr werden. Wie bestimmt man diesen Unternehmenswert und vor allem, wie hoch werden die Steuern auf den Unternehmenswert sein?

Hier ist es außerordentlich wichtig, den für sich passenden Steuerberater und Rechtanwalt ins Boot zu holen. Denn Großkanzleien oder Internationale Unternehmensberatungen neigen allzu schnell dazu, äußerst kostenintensive Bewertungsgutachten machen zu wollen, ohne die Unternehmensgröße im Blick zu behalten oder anders ausgedrückt: Es wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Hier ist Augenmaß, gesunder Menschenverstand und ein Berater gefragt, der das Geschäftsmodell des Unternehmens versteht und eine individuell angepasste Lösungsstrategie findet.

 

2. Lösungsansätze

a. Vorsorge

Frühzeitig Steuerberater und Rechtsanwalt einschalten, die auf das internationale Steuerrecht spezialisiert sind und zur Unternehmensgröße passen

  • Bevor der Internetunternehmer einfach (dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum) in ein anderes Land umzieht, sollte immer einer Steuerberater konsultiert werden, der die steuerlichen Konsequenzen dieses Umzugs für das Unternehmen im Vorhinein prüft.
  • Hierüber ist zwingend eine schriftliche Stellungnahme eines Rechtsanwalts und/oder Steuerberaters einzuholen, welche durch den Internetunternehmer im Streitfalle den Finanzbehörden vorgelegt werden kann, um jeglichen strafrechtlichen Vorwurf von Vornherin im Keim zu ersticken.
  • Nach Abstimung mit einem Rechtsanwalt und Steuerberater sollte regelmäßig das Finanzamt darüber in Kenntnis gesetzt werden, wenn man beabsichtigt, dauerhaft das Land zu verlassen. So lassen sich rechtwidrige Steuerbescheide vermeiden und vor allem eine drohende Doppelbesteuerung.
  • Tipp: Die sog. Ansässigkeitsbescheinigung (certificate of residence) wird von Finanzämtern an Unternehmen erteilt, um nachzuweisen, dass sie in diesem Land unbeschränkt steuerpflichtig sind und daher in dem anderem Land (z.B. England) keine Steuern abzuführen zu haben. Mit dieser vom örtlich zuständigen Finanzamt ausgestellten Bescheinigung kann der Unternehmer in dem anderen Land (Land des Wegzugs) nachweisen, dass er in seinem Land der Ansässigkeit bereits vollständig Steuern abführt, um so eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.

b. Wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist 

Da selbst für nicht auf das internationale Steuerrecht spezialisierte Rechtsanwälte die Thematik der Wegzugsbesteuerung bei Umzug oftmals unbekannt ist und erst recht bei Nichtjuristen, kommt es leider dazu, dass erst nach dem Umzug (teilweise Jahre später) auffällt, dass sich die Steuerpflicht geändert hat und eine Wegzugsbesteuerung im Raum steht. Je wirtschaftlich erfolgreicher das Unternehmen, desto höher die potenzielle Steuerlast und damit auch der strafrechtliche Vorwurf, man hätte die anfallende Wegzugsbesteuerung nicht angezeigt.

Abgesehen davon, dass ein Normalbürger und Internetunternehmer nicht im Entferntesten mit so etwas rechnet,  kann trotzdem erst einmal ein Ermittlungsverfahren der Steuerstrafbehörden eingeleitet werden.

Hier ist Ruhe und Besonnenheit angesagt: Es sollte in solch einem Fall immer ein Rechtsanwalt eingeschaltet und diesem sämtliche Kommunikation mit den Finanz- und Steuerstrafbehörden überlassen werden. Es gilt: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold! Auch wenn sich der Internetunternehmer keiner Schuld bewusst ist und noch nie zuvor von einer Wegzugsbesteuerung gehört haben sollte, ist es wichtig die Kommunikation den Experten zu überlassen.

Ich habe umfassende Erfahrungen in diesem Bereich und kann hierbei zu jeder Zeit unterstützend tätig werden. Bei speziellen Fragen lassen Sie mir gern über das untenstehende Kontaktformular eine Nachricht zukommen! 

Romy Graske

Romy Graske, Rechtsanwältin

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