Home-Office im Ausland – Worauf müssen Arbeitgeber achten?
Das „Home-Office“ für Arbeitnehmer ist nach der Corona-Pandemie keine Frage mehr des Ob, sondern nur noch des Wie. Während das Home-Office im Inland Arbeitgeber nicht vor all zu große rechtliche Herausforderungen stellt, sieht es beim Home-Office im Ausland (sog. Home Office Abroad) ganz anders aus.
In dem nachfolgenden Blogbeitrag gebe ich deshalb einen kurzen Überblick, welche rechtlichen Stolperfallen Arbeitgeber beachten müssen.
I. Lohnsteuer
Der Arbeitgeber ist verpflichtet für den Arbeitnehmer die Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen. Das setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer mit seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Deutschland auch steuerpflichtig ist. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten also gemeinsam darauf achten und im Zweifel klären lassen, in welchem Land der Arbeitnehmer seine Einkünfte überhaupt versteuern muss.
Als Grundregel können Sie sich merken:
Ist der Arbeitnehmer mit seinen Einkünften in Deutschland unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig, dann besteht auch die Pflicht zum Lohnsteuerabzug des Arbeitsgebers in Deutschland.
In einfach gelagerten Fällen können Arbeitgeber noch davon ausgehen, dass die Lohnsteuer in Deutschland abzuführen ist, wenn:
- der Arbeitnehmer sich zeitlich zusammenhängend mehr als 6 Monate in Deutschland aufhält (sog. unbeschränkte Steuerpflicht, § 1 Abs. 1 EStG, § 9 AO);
- die Einkünfte, die der Arbeitnehmer von dem deutschen Arbeitgeber bezieht „inländische Einkünfte“ sind. Das ist dann anzunehmen, wenn seine Arbeit in Deutschland „verwertet“ wird (sog. beschränkte Steuerpflicht, §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 4 a), 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Bei der Beantwortung der Frage, in welchem Land die Einkünfte zu versteuern sind, kommt es auf die individuellen Umstände des Arbeitnehmers an, u.a.: Wie lange hält sich der Arbeitnehmer im ausländischen Home-Office auf? Ist er vielleicht sogar in mehreren Ländern unterwegs? Kehrt der Arbeitnehmer zwischenzeitlich für eine gewisse Zeit nach Deutschland zurück? Wo wird seine Arbeit vom Arbeitgeber eigentlich „verwertet“, für den Fall, dass der Arbeitgeber selbst mehrere Niederlassungen in verschiedenen Ländern hat? Gibt es ein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Land von dem aus der Arbeitnehmer im Home-Office arbeitet, welches den Besteuerungsanspruch dem anderen Land zuteilt?
Zudem sollte im Vorfeld geprüft werden, ob durch das ausländische Home-Office nicht etwa eine Betriebsstätte des Arbeitgebers im Ausland begründet wird, weil hierdurch steuerliche Erklärungspflichten im Ausland begründet werden können.
All diese Fragen sollten unbedingt vor Aufnahme der Home-Office-Tätigkeit im Ausland abgeklärt werden, um sicherzustellen, dass die Steuern auf das Einkommen aus unselbstständiger Tätigkeit im richtigen Land abgeführt werden.
II. Sozialversicherungsbeiträge
Die wesentlich größere Herausforderung für Arbeitgeber ist die Frage, in welchem Land müssen die Sozialabgaben abgeführt werden.
1. Home-Office im EU-Ausland, EWR und Schweiz
Innerhalb der EU gilt der Grundsatz, dass sich die Sozialversicherungspflicht nach dem Recht des Tätigkeitsortes richtet, also dem Land in dem der Arbeitnehmer tatsächlich im Home-Office arbeitet (Art. 11 Abs. 3 lit.a) EU-Verordnung Nr. 883/2004).
Nun gibt es von diesem Grundsatz erfreulicherweise einige Ausnahmen bzw. Einschränkungen:
- In grenzüberschreitenden Fällen greifen auf europarechtlicher Ebene einige Ausnahmetatbestände, die in ihrer Anwendung und Ausformulierung sehr komplex sind, im Ergebnis aber dazu führen, dass die Sozialversicherungspflicht eben doch in Deutschland aufrechterhalten bleiben kann (Art. 13 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/200). Eine kurze Übersicht finden Sie hier.
- Hat ein Arbeitgeber wegen der anhaltenden Coronapandemie seinen Mitarbeitern aktuell Home-Office auch vom Ausland aus erlaubt, kann auf Grundlage der öffentlichen Verlautbarung der DVKA (Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland) aktuell angenommen werden, dass sich das anwendbare Sozialversicherungsrecht hierdurch nicht ändert (dies gilt aktuell bis 31.12.2021).
- Denkbar und möglich wäre es auch vom Institut der „Mitarbeiterentsendung“ Gebrauch zu machen, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter gezielt deshalb ins Ausland schickt, um dort in dessen Interesse tätig zu werden (Art. 12 Abs. 1 EU-Verordnung Nr. 883/2004).
- Und schließlich gibt es noch die Möglichkeit eine „Ausnahmegenehmigung“ im Einzelfall zu beantragen bei der DVKA (Art. 16 VO (EG) Nr. 883/2004).
Wenn Sie als Arbeitgeber nur sehr wenigen oder nur einem einzelnen Mitarbeiter das Home-Office im Ausland aufgrund besonderer individuelle Umstände ermöglichen wollen, ist es wichtig im Vorfeld die individuelle Situation des Arbeitnehmers zu analysieren, um eine einfache pragmatische Lösung für diese juristisch durchaus komplexe Frage zu finden.
Möchten Sie als Arbeitgeber hingegen ihrer gesamten Belegschaft dieses Angebot unterbreiten, müssen im Rahmen einer Betriebsanweisung die Eckpunkte klar definiert werden. Hierzu sind Fragen zu klären wie: Hat das Unternehmen in anderen Ländern bereits Betriebsstätten oder gar Niederlassungen? Gibt es eine geringe Anzahl an Ländern in denen die Mitarbeiter im Home-Office sitzen oder sind sie weltweit verstreut. Hier ist eine umfassende Bestandsaufnahme vorzunehmen, um darauf basierend eine möglichst rechtssichere Betriebsanweisung zu erarbeiten.
2. Home-Office in Drittstaaten
Möchten Sie als Arbeitgeber Ihren Mitarbeitern das Home-Office in einem Drittstaat (z.B. Brasilien) ermöglichen, gelten die zuvor dargelegten europarechtlichen Vorschriften natürlich nicht. Die grundsätzliche Vorgehensweise und die einzelnen Prüfungsschritte sind aber durchaus ähnlich. Deutschland hat aktuell mit 20 verschiedenen Ländern ein sog. Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen, in denen die Einzelheiten zur sozialen Absicherung von Arbeitnehmern zwischen den Staaten geregelt worden sind.
In solchen Drittstaatenfällen ist eine individuelle Prüfung des Einzelfalls daher unerlässlich.
III. Arbeitsrecht
Auch im Arbeitsvertrag sollten einige – wenn auch wenige – wichtige Regelungen aufgenommen werden, um sicherzustellen, dass der Arbeitgeber nicht plötzlich ausländischem Arbeitsrecht ausgesetzt ist und sich die Möglichkeit aufrechterhält, die Arbeitnehmer bei Bedarf auch wieder nach Deutschland ins Büro anfordern zu können.
IV. Zusammenfassung
Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein: Seinen Mitarbeitern Home-Office im Ausland anzubieten ist rechtlich keine ganz so einfache Angelegenheit. Während die lohnsteuerlichen- und arbeitsrechtlichen Fragen noch eher leicht zu beantworten sind, ist das Sozialversicherungsrecht nach meiner Erfahrung die größte Herausforderung. Gleichwohl sollten Sie deshalb nicht davor zurückschrecken, dieses Angebot zu unterbreiten. Denn ansonsten verringert sich Ihr Bewerberpool um wertvolle High Potentials.
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