KSK-Prüfung bei Webdesignern – Vom Künstler zum Webadministrator
Jedes Jahr überprüft die Künstlersozialkasse stichprobenartig, ob die bei ihr versicherten Künstler ihr Einkommen in den vergangenen Jahren ordnungsgemäß und realistisch geschätzt haben. Im Rahmen dieser sog. Stichprobenprüfung nach §13 KSVG besteht für Künstler die Gefahr eines Bußgeldes, wenn sie ihr Einkommen in den vergangenen Jahren dauerhaft zu niedrig geschätzt haben.
Für Webdesigner kann sich im Rahmen dieser Stichprobenprüfung aber noch ein größeres und vor allem folgenschweres Risiko ergeben – nämlich ganz und gar aus der Künstlersozialkasse zu fliegen.
1. Problemaufriss – Was ist Kunst?
Was genau ist das Problem? Es fängt damit an, dass nur diejenigen selbstständigen Künstler in der Künstlersozialkasse versichert werden können, die auch eine künstlerische Tätigkeit ausüben gemäß § 1 Nr. 1 KSVG. Das führt zu der Frage: Was ist Kunst?
Auf diese bedeutungsschwangere, ja philosophische Frage finden Juristen eine kurze und knappe Antwort:
„Künstler (…) ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt.“ gemäß § 2 Satz1 KSVG.
Und Ja! sagt das Bundessozialgericht, Webdesigner sind Künstler:
„In Anwendung dieser Grundsätze sind Webdesigner als Künstler iS des KSVG anzuerkennen, weil ihre Tätigkeit insbesondere der des Grafikdesigners, des Fotodesigners oder des Layouters vergleichbar ist. Webdesigner gestalten Bildschirmseiten unter ästhetischen und funktionalen Gesichtspunkten, und zwar hauptsächlich für Internet- und Intranet-Auftritte.“ (BSG, Urteil vom 07.07.2005 – B 3 KR 37/04 R, BeckRS 2005, 43248).
Also werden Webdesigner, nachdem sie einen Aufnahmeantrag bei der KSK gestellt haben, in der Regel zunächst in die KSK aufgenommen. Doch was geschieht, wenn sich die Tätigkeiten des Webdesigners im Laufe der Jahre ändern?
2. Webdesigner – vom Künstler zum Gewerbetreibenden
Genau dieser Fall ist mir in meiner Beratungspraxis schon mehrfach begegnet. Während Webdesigner noch zu Beginn ihrer selbstständigen Tätigkeit die vom BSG beschriebenen klassischen künstlerischen Tätigkeiten ausüben, kann sich dies im Laufe der Jahre – oft ganz unbemerkt – verändern.
Denn ist die Website erst einmal erstellt, übernehmen Webdesigner nicht selten eher weniger künstlerische Arbeiten und erbringen stattdessen primär technisch fokussierte Leistungen wie die technische Einrichtung und Pflege von Internetseiten, Überprüfung auf Funktionalität und Aktualität sowie Sicherstellung einer stabilen Erreichbarkeit.
Das sind Tätigkeiten, die auch wesentlich leichter weiterdelegiert werden können, was es dem Webdesigner ermöglicht mehr Einkommen zu erzielen durch eigens hinzugezogene Dienstleister. Hierdurch erzielt der Webdesigner nicht nur ein regelmäßiges Einkommen, was zu mehr Planungssicherheit führt. Es ermöglicht dem Webdesigner auch, mehr finanziellen Spielraum für künstlerische Aufträge zu schaffen. Unternehmerisch ist diese Entwicklung deshalb sehr klug und sinnvoll, allerdings kann das den Verbleib in der KSK gefährden.
Denn das sind eben keine künstlerischen Tätigkeiten mehr, wie das BSG entschieden hat, sondern die Tätigkeiten eines Webmasters oder Webadministrators.
Nach dem BSG bestehe die vorrangige Aufgabe eines Webmasters/Webadministrators darin, „die Internetauftritte von Unternehmen oder Organisationen im Hinblick auf Funktionalität, Aktualität, Design und Nutzerfreundlichkeit zu strukturieren und zu betreuen. Diese eher technisch ausgerichtete Berufsgruppe betreibt und überwacht Internet- und Applikationsserver mit dem Ziel der stabilen Erreichbarkeit und sichert dabei den Web- und Systembetrieb sowie sensible Daten gegen Angriffe von außen ab.“ (BSG, Urteil vom 07.07.2005 – B 3 KR 37/04 R, BeckRS 2005, 43248)
In der Realität sind die Grenzen nun aber fließend. Nicht selten übernehmen Webdesigner einerseits rein künstlerische Aufträge und andererseits eben auch primär technisch ausgerichtete Aufträge. In der Praxis ist es für Webdesigner deshalb schwer zum Ende des laufenden Jahres für das bevorstehende neue Jahr zu schätzen: Wie hoch wird mein Einkommen sein und wird es primär aus künstlerischen Tätigkeiten oder doch auch aus technisch-administrativen Leistungen erzielt und in welchem Verhältnis?
Warum ist dieser Unterscheid für Webdesigner so wichtig?
3. Wenn man plötzlich kein Künstler mehr ist, aber noch immer in der KSK
Wenn Sie primär keine künstlerischen Tätigkeiten mehr erbringen, haben Sie nicht mehr das Recht über die KSK versichert zu sein (vgl. § 1 Abs. 1 KSVG). Da dies den Versicherten selbst aber oftmals gar nicht bewusst ist, teilen sie diese faktische Änderung der KSK auch nicht mit und sind so mitunter über Jahre hinweg über die KSK versichert, obwohl sie die Voraussetzungen möglicherweise nicht mehr erfüllen. Das kann im Rahmen solch einer KSK-Prüfung (Stichprobenprüfung) erstmals zu Tage treten und insbesondere dann finanziell sehr schmerzhaft werden, wenn Krankenversicherungsbeiträge für den zurückliegenden Zeitraum zurückgefordert werden (§§ 5 Abs. 1 Nr. 5, 8 Abs. 2 KSVG) und der Webedesigner sich nachträglich krankenversichern muss.
4. Was sollte ich als Webdesigner tun, wenn ich von der KSK geprüft werde?
Aus diesem Grund sollten Webdesigner, wenn sie das Schreiben „Meldung des tatsächlichen Arbeitseinkommens für Vorjahre“ von der Künstlersozialkasse erhalten, zunächst prüfen, ob sich ihr Tätigkeitsprofil tatsächlich verändert hat in den vergangenen Jahren. Vor allem wenn im Steuerbescheid nicht nur Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, sondern auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgesetzt worden sind, ist besondere Vorsicht geboten. Dies kann nämlich den Eindruck erwecken, der Webdesigner sei nicht mehr primär künstlerisch tätig gewesen, was steuerrechtlich durchaus sein kann, sozialversicherungsrechtlich aber dennoch anders zu bewerten ist (vgl. BSG, Urteil vom 21. 7. 2011 – B 3 KS 5/10 R, NJOZ 2013, 519).
Ist dieser Fall bei Ihnen eingetreten, sollten Sie die „Anfrage zum tatsächlichen Arbeitseinkommen für die Vorjahre gemäß §13 KSVG“ keinesfalls vorschnell und ungeprüft beantworten. Lassen Sie Ihren individuellen Einzelfall vorsorglich von einem Rechtsanwalt im Detail prüfen, bevor unüberlegte oder sogar fehlerbehaftete Aussagen gegenüber der KSK getätigt werden.
Denn oftmals herrscht in solchen Konstellationen große Unwissenheit und Verwirrung. Zum einen ist unklar, was künstlerisch und nicht-künstlerische Leistungen überhaupt sind bei Webdesignern, zum anderen hat die Höhe der nicht-künstlerischen Leistungen unterschiedliche Rechtsfolgen auf die Renten-, Kranken und Pflegeversicherung in der KSK (vgl. § 8 Abs. 2 KSVG).
Im Rahmen einer Erstberatung prüfe ich die persönliche Situation von Künstlern im Detail und gebe ihnen dann einen ausführlichen Überblick über die individuelle Rechtslage des betroffenen Künstlers und konkrete Handlungsempfehlungen zur Lösung dieser Problematik.
Wenn Sie hierbei Unterstützung benötigen, kontakten Sie mich gerne über das untenstehende Kontaktformular oder per Email.