Freelancer im Ausland beauftragen – Künstlersozialabgabepflicht an die Künstlersozialkasse
Viele in Deutschland ansässige Unternehmen beauftragen aus den unterschiedlichsten Gründen zunehmend Freelancer im Ausland. Fachkräftemangel in Deutschland, hochspezialisierte Experten, die als Berater im Ausland leben und arbeiten, aber auch die „Arbeitsmoral“ seien Gründe dafür, wie mir Mandanten berichten.
Ganz gleich aus welchen Gründen – viele digitale Berufe und damit Dienstleistungen müssen nicht mehr vor Ort in Deutschland erbracht, sondern können weltweit angeboten werden. Das erweitert den Fachkräftepool natürlich auch für deutsche Unternehmen enorm!
Was Unternehmen dabei jedoch nicht unbedingt „auf dem Schirm haben“ ist, dass Sie auch bei Freelancern im Ausland verschiedenen Abgabenpflichten in Deutschland unterliegen.
Steuerrechtlich gibt es die sog. Steuerabzugsverpflichtung nach § 50a EStG. Details hierzu finden Sie in diesem Blogbeitrag. Sozialversicherungsrechtlich kann die Pflicht zur Abgabe der Künstlersozialabgabe (KSA) greifen.
Wenn deutsche Unternehmen im Ausland künstlerische Leistungen einkaufen, die Sie in Deutschland verwerten, dann müssen Sie unter Umständen in Deutschland die Künstlersozialabgabe an die Künstlersozialkasse abführen. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag:
1. Was sind künstlerische Leistungen aus dem Ausland?
Digitalunternehmen in Deutschland beauftragen häufig künstlerisch tätige Freiberufler (sog. Freelancer, Contractor, Consultants), das heißt: Auftragnehmer aus dem Ausland. Das können sein:
- Grafik- oder Webdesigner
- Interfacedesigner
- Brand Designer
- 3D Artists
- Publizisten
Alle Dienst- oder Werkleistungen, die Sie von Freiberuflern aus dem Ausland beziehen und im Schwerpunkt der Tätigkeit künstlerischer Natur sind, können also der Abgabepflicht der Künstlersozialabgabe (KSA) an die Künstlersozialkasse unterliegen.
Schauen Sie sich einmal diese Auflistung künstlerischer Leistungen der KSK an. Alles, was Sie auf dieser Liste finden und Sie aus dem Ausland beziehen, kann potenziell der KSA-Abgabepflicht unterliegen.
2. Was ist die Künstlersozialabgabe und die Künstlersozialkasse?
Die Künstlersozialkasse (KSK) bzw. das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ist Bestandteil des deutschen Sozialversicherungsrechts. Die KSK wurde eingerichtet, um die Durchführung des KSVG zu überwachen.
In aller Kürze: Selbstständige Künstler und Publizisten sind verpflichtet, sich über die KSK zu versichern hinsichtlich ihrer Kranken- und Pflegeversicherung sowie Rentenversicherung. Finanziell werden sie damit Arbeitnehmern gleichgestellt, denn sie zahlen nur die Hälfte der Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Die andere Hälfte wird aus dem sog. „Bundeszuschuss“ und aus der Künstlersozialabgabe (KSA) finanziert. Die KSA müssen Unternehmen in Deutschland dann an die KSK abführen, wenn sie künstlerische Leistungen von selbstständigen Künstlern oder Publizisten beziehen. Die KSA ist damit ein „fiktiver Arbeitgeberbeitrag“ (BSG, Urteil vom 20.07.1994 – 3/12 RK 63/92, BeckRS 1994, 30750258), den die Unternehmen für die selbstständigen Künstler und Publizisten zahlen müssen. Unternehmen, die künstlerische Leistungen verwerten, sollen ähnlich wie Arbeitgeber zur Finanzierung der Sozialversicherung für Künstler herangezogen werden.
Mehr über das Thema Künstlersozialabgabe und Betriebsprüfung durch die KSK und Deutsche Rentenversicherung erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
3. Warum müssen Unternehmen in Deutschland die KSA zahlen, wenn der Künstler im Ausland sitzt?
Gerade Unternehmen, die ansonsten mit der Kreativbranche nichts zu tun haben, werden nun entrüstet die Frage stellen: Wieso müssen wir die Abgabe zahlen?
Dies geht auf den Gesetzgeber und die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sowie des Bundesverfassungsgerichts zurück: Jedes Unternehmen, das Eigenwerbung betreibt (z.B. über eine hierfür erstellte Website, Flyer, Broschüren, Social-Media-Posts/Grafiken) und sich hierfür die Unterstützung von externen Kreativen einkauft, unterliegt in Deutschland der Pflicht, die Künstlersozialabgabe zu zahlen gem. § 24 Abs. 2 Nr. 1 KSVG.
Problematisch dabei ist, dass viele Unternehmen außerhalb der Kreativbranche von dieser Abgabepflicht gar nichts wissen und unter Umständen auch von ihren Steuerberatungen nicht darauf hingewiesen werden.
Beauftragen deutsche Unternehmen Kreative im Ausland und verwerten ihre künstlerische Arbeit in Deutschland oder besteht zumindest eine Verwertungsmöglichkeit im Inland, müssen Sie auf das Honorar, welches Sie dem Freelancer im Ausland zahlen, in Deutschland die Künstlersozialabgabe zahlen (BSG, Urteil vom 18.09.2008 – B 3 KS 4/07 R, Tz. 10).
Grund dafür ist, dass die künstlerische Leistung in Deutschland verwertet wird oder zumindest eine Verwertungsmöglichkeit im Inland besteht.
Beispiel: Sie beauftragen einen selbstständigen Grafikdesigner in den USA damit, Ihre Unternehmenswebsite zu erstellen. Die Website dient Ihnen dazu, in Deutschland Ihre Produkte zu bewerben und im Inland zu verkaufen. Damit haben Sie eine Verwertung künstlerischer Leistungen in Deutschland. Dass der ausländische Freelancer aber niemals Mitglied in der KSK werden wird und damit auch nicht von der KSK profitieren kann (anders als die deutschen Künstler) ist dabei unerheblich (vgl. BSG, Urteil vom 18.09.2008 – B 3 KS 4/07 R, Tz. 10)!
Schon beim Einkauf künstlerischer Leistungen innerhalb Deutschlands gilt der Grundsatz, dass die KSA immer abzuführen ist, auch wenn Künstler beauftragt werden, die gar nicht über die KSK versichert ist. Hierdurch soll eine Wettbewerbsverzerrung vermieden werden. Es soll verhindert werden, dass nur die Künstler beauftragt werden, die nicht über die KSK versichert sind (vgl. BSG, Urteil vom 20.07.1994, BeckRS 1994, 30750258).
Das Gleiche gilt bei Künstlern, die im Ausland leben und arbeiten und aufgrund des Territorialitätsprinzips nach § 36a KSVG i.V.m. § 30 SGB I schon gar nicht Anspruch darauf haben über die deutsche KSK versichert zu sein (BSG, Urteil vom 20.07.1994, BeckRS 1994, 30750258).
Praxistipp: Wenn Sie sich bei Entgeltbestandteilen (= gezahlte Honorare an ausländische Künstler) unsicher sind, ob darauf KSA abzuführen ist oder nicht, melden Sie diese zunächst bei der KSK. Legen Sie dann Widerspruch gegen den von der KSK erlassenen Abgabenbescheid ein. So können Sie von der KSK Ihre (gegenteilige) Rechtsauffassung überprüfen lassen und ggf. zur Entscheidung vor das Sozialgericht bringen. Andernfalls wird nicht ordnungsgemäß abgeführte KSA schlimmstenfalls erst im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die KSK oder DRV entdeckt, was Bußgelder (§ 36 Abs. 2 KSVG) und Säumniszuschläge (§ 30 KSVG i.V.m. § 24 SGB IV) nach sich ziehen kann. Das kann enorm teuer werden!
4. Wann ist eine Rechtsberatung sinnvoll?
- Sie haben in großem Umfang kreative Leistungen aus dem Ausland über Jahre hinweg eingekauft, aber bisher nie die Künstlersozialabgabe in Deutschland abgeführt? Dann kann es ratsam sein, hier im Vorfeld rechtliche Unterstützung einzuholen, um die Meldung an die KSK nachträglich vorzunehmen und etwaige Risiken im Vorfeld abschätzen zu lassen.
- Sie sind sich unsicher, ob Ihre eingekauften Dienstleistungen überhaupt der KSA-Abgabepflicht unterfallen?
- Sie wollen Fachkräfte im Ausland rechtskonform entweder als Freelancer beauftragen oder als Mitarbeiter anstellen? Weitere Details finden Sie hier.
Seit mehreren Jahren begleite ich Künstler und Publizisten sowie Unternehmen zu Rechtsfragen des Künstlersozialversicherungsrechts und kann daher auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz zurückgreifen.
Das sagen Mandanten über meine Arbeit.
5. Sie sind Steuerberater/in?
Sie sind Steuerberater/in und benötigen fachliche Unterstützung zu Rechtsfragen des Künstlersozialversicherungsgesetzes? Kontaktieren Sie mich gerne! Ich freue mich immer über den fachlichen Austausch und bin auch immer an der Erweiterung meines Steuerberaternetzwerkes interessiert!
Ihre Rechtsanwältin
Romy Graske