Freelancer im Ausland beauftragen? Steuerabzugsverpflichtung nicht vergessen!

5 Mai 2023 | Rechtsblog

Sie möchten als digital aufgestelltes Unternehmen Freelancer im Ausland beauftragen? Viele deutsche Unternehmen vergessen oder wissen gar nicht, dass sie auch bei freien Mitarbeitern im Ausland einer Steuerabzugsverpflichtung in Deutschland unterliegen könnten.

1. Fachkräfte im Ausland beauftragen

Softwareentwickler, Product Designer und viele weitere spezialisierte Fachkräfte fehlen in Deutschland. Gerade Digitalunternehmen, die Software-as-a-Service-Dienstleistungen erbringen, sind zwingend auf diese Fachkräfte angewiesen. Diese Fachkräfte aus dem EU-Ausland oder Drittstaaten nach Deutschland zu holen ist aber mühselig, weil ein aufwendiges, langwieriges und unkalkulierbares Visumverfahren durchgeführt werden muss.

Zudem möchten hochqualifizierte ausländische Fachkräfte auch gar nicht unbedingt ihr Heimatland verlassen, um in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Vor allem dann nicht, wenn es gar nicht notwendig ist. Die mit diesen Berufen verbundenen Tätigkeiten können nämlich ortsunabhängig – von jedem Ort der Welt aus – als sog. remote work erbracht werden. Auch viele kleine und mittelständische Unternehmen, StartUps und ScaleUps haben das erkannt.

In meiner Beratungspraxis begegnen mir immer mehr Unternehmen, die ihren bisher begrenzten Bewerberpool auf das Ausland (EU- und Drittstaaten) erweitern möchten.

Sie stellen fest, dass das mobile Arbeiten nicht nur innerhalb Deutschlands problemlos möglich ist, sondern auch vom Ausland aus. Warum Experten also nur innerhalb Deutschlands suchen, sondern nicht auch weltweit? Bei den meisten Digitalunternehmen ist die Unternehmenssprache ohnehin Englisch.

Um Fachkräfte im Ausland rechtskonform beschäftigen zu können, gibt es verschiedene rechtliche Lösungsmöglichkeiten (lesen Sie hierzu diesen Blogbeitrag).

Auch finden sich immer mehr digitale Anbieter sog. Employer-of-Record-Lösungen, die damit werben, Mitarbeiter für deutsche Unternehmen im Ausland direkt anzustellen (lesen Sie hierzu diesen Blogbeitrag).

Es müssen aber nicht immer Angestellte sein. Gerade die Beauftragung von freien Mitarbeitern/Freelancern, die sich als Spezialisten in einem technischen Nischenbereich selbstständig gemacht haben und ihre Leistungen international im Wege sog. remote work anbieten, erfreut sich immer größerer Beliebtheit.

Deutsche Unternehmen unterliegen dabei nicht selten dem Irrtum, wenn sie einen Spezialisten als externen Berater bzw. freien Mitarbeiter für ein zeitlich begrenztes Projekt im Ausland beauftragen, unterlägen sie keinerlei Verpflichtungen, anders als bei Anstellung von Mitarbeitern.

Dem ist aber leider nicht so.

2. Steuerabzugsverpflichtung bei freien Mitarbeitern im Ausland

Nicht selten wird nämlich die Steuerabzugsverpflichtung nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG bei beschränkt Steuerpflichtigen übersehen.

Worum geht es bei dieser Steuerabzugsverpflichtung?

Der ausländische Auftragnehmer kann unter bestimmten Voraussetzungen beschränkt steuerpflichtig in Deutschland werden. Diese beschränkte Steuerpflicht führt dazu, dass der Auftragnehmer auf die inländischen (deutschen) Einkünfte Einkommensteuer in Deutschland abführen muss.

Damit der deutsche Fiskus diese Steuern auch tatsächlich erhält, wird dem Auftraggeber (also dem deutschen Unternehmen) eine Steuerabzugsverpflichtung auferlegt. Der Auftraggeber muss also die Steuer im Namen des ausländischen Auftragnehmers in Deutschland abführen gem. § 50a Abs. 5 S. 2 EStG (ähnlich wie beim Lohnsteuerabzug bei Arbeitnehmern).

In welchen Fällen besteht die Pflicht zum Steuerabzug?

Dies ergibt sich aus § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG. Vereinfacht und verkürzt ausgedrückt kann die Steuerabzugsverpflichtung entstehen, wenn der ausländische Freelancer für die Überlassung von Urheberrechten oder von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren an den deutschen Auftraggeber, vergütet wird.

Hierunter könnten viele Berufsgruppen aus der Digitalwirtschaft fallen, wie:

  • Produktentwickler
  • Grafikdesigner
  • Interfacedesigner
  • Typografen
  • spezialisierte Berater im Tech/Marketing-Bereich (sog. Contractor)
  • Softwareentwickler

Zur Steuerabzugsverpflichtung bei Softwareentwicklern hat sich die Finanzverwaltung auch in einem BMF-Schreiben im vergangenen Jahr geäußert, in dem es heißt:

„Bei der grenzüberschreitenden Auftragsentwicklung von Software werden regelmäßig Nutzungs- und Verwertungsrechte an einer durch einen ausländischen Auftragnehmer entwickelten Software überlassen. Eine (zivilrechtliche) Übertragung des Urheberrechts an der Software ist nach deutschem Recht ausgeschlossen (vgl. § 29 Abs. 1 UrhG).“ (BMF Schreiben vom 2.8.2022 – IV B 8 – S 2303/19/10004 :001, DOK 2022/0641147, DStR 2022, 1666 (1666)).

Darin beschreibt die Finanzverwaltung Kriterien, nach denen die Steuerabzugsverpflichtung bei Softwareentwicklern besteht oder eben auch nicht. Das BMF-Schreiben finden Sie hier.

Im Detail ist die Abgrenzung schwierig, weshalb zu dieser Frage immer individueller steuerrechtlicher Rat bei einem Rechtsanwalt oder Steuerberater eingeholt werden sollte.

3. Konkrete Handlungsempfehlung

Unabhängig von der Frage, ob Sie als deutscher Auftraggeber der Steuerabzugsverpflichtung überhaupt unterliegen, müssen Sie in jedem Fall eine Steueranmeldung beim Bundeszentralamt für Steuern vornehmen.

Der Auftraggeber ist nämlich zur Steueranmeldung beim Bundeszentralamt für Steuern auch verpflichtet, selbst wenn keine Verpflichtung zum Steuerabzug besteht gem. §§ 50c Abs. 2 S. 2, 50a Abs. 5 S. 4 EStG.

Laut Begründung des Gesetzgebers muss der Auftraggeber dann für die gezahlten Vergütungen an den Auftragnehmer in der Steueranmeldung eine Steuer von 0 Euro angeben (BT-Drs. 19/27632, S. 51, 52). Hierdurch soll die Finanzverwaltung in die Lage versetzt werden, die rechtliche Einschätzung des Auftraggebers keinen Steuerabzug vornehmen zu müssen, überprüfen zu können (a.a.O).

Der Auftraggeber muss durch den Auftragnehmer eine Freistellungsbescheinigung gem. § 50 c Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG einholen, um sich von der Steuerabzugsverpflichtung befreien zu lassen und damit zu enthaften.

Praxistipp! Die Freistellungsbescheinigung kann gerade auch in den Fällen eingeholt werden, in denen zweifelhaft ist, ob die Verpflichtung zum Steuerabzug überhaupt besteht (siehe oben Ziff. 2). Wenn aufgrund eines anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens, Deutschland ohnehin kein Besteuerungsrecht hat (was bei Freelancern im Ausland häufig der Fall sein dürfte), muss die Frage, ob rechtlich eine Steuerabzugsverpflichtung nach § 50a EStG (s.o.) besteht, nicht mehr geklärt werden. So ausdrücklich der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung zu § 50c Abs. 2 EStG (BT-Drs. 19/27632, S. 50).

Der rechtlich komplexen Frage, wann für den Auftraggeber eine Steuerabzugsverpflichtung nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG nun besteht, brauchen Sie dann nicht mehr nachgehen, wenn Sie die Freistellungsbescheinigung aufgrund eines bestehenden DBAs erlangen.

Über den Freistellungsantrag, der durch den Auftragnehmer zu stellen ist (§ 50c Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG), hat das Bundeszentralamt für Steuern innerhalb von 3 Monaten zu entscheiden § 50c Abs. 2 S. 6 EStG.

Es empfiehlt sich also immer die Freistellungsbescheinigung frühzeitig zu beantragen und die Steueranmeldung beim Bundeszentralamt für Steuern vorzunehmen.

4. Sie suchen rechtliche Unterstützung?

Ich habe mich als Rechtsanwältin auf das grenzüberschreitende mobile Arbeiten spezialisiert, weil ich davon überzeugt bin, dass das mobile Arbeiten nicht an rechtlichen Hürden scheitern darf.

Daher unterstütze ich kleine und mittelständische Unternehmen sowie Expats, Freiberufler und Arbeitnehmer bei ihrem Vorhaben mobil zu arbeiten (lesen Sie hierzu diesen Blogbeitrag).

Sie benötigen hierfür Unterstützung? Schreiben Sie mir gerne eine detaillierte Email mit Ihrem Vorhaben!

Auf meinem Blog finden Sie viele Beiträge rund um das Thema grenzüberschreitendes mobiles Arbeiten (sog. Global Mobility Services).

Das sagen Mandanten über meine Arbeit.

5. Sie sind Steuerberater?

Sie sind als Steuerberater/in im Bereich des internationalen Steuerrechts tätig? Kontaktieren Sie mich gerne!

Um meine Mandanten optimal betreuen zu können, vernetze ich mich gerne mit Steuerberatern, die die steuerlichen Deklarationspflichten für meine Mandantschaft übernehmen können und Interesse an einem fachlichen Austausch haben.